Begegnung mit Grashüpfer und Naturerlebnis pur

WALDALGESHEIM - Corona und die Folgen lassen in manchen Fällen die besten Ideen sprießen. Zum Beispiel in Waldalgesheim. Hier werden die letzten Wochen von elf Jungs und Mädels im kommunalen Kindergarten Minimaxx unvergesslich bleiben. Das Ende ihrer Kindergartenzeit verbringen sie zusammen mit ihren Betreuerinnen Martina Hautzel und Jennifer Steinberger im Forsthaus Elisabethquelle mitten im Wald. Weil nach Corona-Auflagen nicht mehr als 15 Kinder in einem Raum in der Kita sein dürfen, stand fest, dass nach einer Ausweichmöglichkeit gesucht werden musste. „Und so kamen wir auf die beste Lösung, die es geben konnte“, denkt Jennifer Wendel wenige Wochen zurück. Alle Beteiligten seien sofort Feuer und Flamme gewesen. „Schon vor dem Start trat der Elternausschuss dafür ein, dass wir das auch nächstes Jahr so machen sollen“, sagt die Leiterin. Dort, wo sonst Vorstandszusammenkünfte von Vereinen oder Ausschusssitzungen der Gemeinde stattfinden, wo der Ruheforst nach wie vor einen Raum unterhält, tobt jetzt fünf Tage in der Woche, jeweils von 8 bis 14 Uhr, das pralle Leben. Und wo gibt es sonst schon einmal Gelegenheit, zuzuschauen, wie ein gerade erlegtes Wildschwein an den Hinterläufen abgehängt wird? Die Verbindung zur Natur kann hier in vielen unterschiedlichen Facetten gezeigt und hergestellt werden. Schon der erste Tag Anfang Juni sei ein absolutes Highlight gewesen, berichtet Wendel, die die Chefstelle im Minimaxx im Mai übernommen hat. So viele Grashüpfer waren schon etwas Besonderes! Ein paar Tage später wurde bei einem der täglichen Erkundungsspaziergänge eine Entdeckung gemacht: Ein „Hexenschuh“ und ein Brillenetui samt der „Hexenbrille“ lagen einfach so herum! Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt, und frische, saubere Luft gibt es im Wald noch gratis dazu. „Unser Ziel hier ist, dass wir so viel Zeit wie möglich draußen verbringen. Auch wenn es regnet“, sagt Wendel und bedankt sich bei der Gemeinde für die einmalige Möglichkeit, das Haus bis zu den am 25. Juli startenden Sommerferien nutzen zu dürfen. Drei Wochen später heißt es für die Kleinen dann: „Ab in die Schule!“Ortsbürgermeister Stefan Reichert gab zu, noch nie so viel mit dem Kindergarten zu tun gehabt zu haben wie in den Wochen seit Beginn der Pandemie, nicht nur wegen der Einstellung der neuen Leiterin, die außer ihren Qualifikationen als staatlich anerkannter Erzieherin, zertifizierte Kita-Leiterin und Fachkraft für Kleinkindpädagogik auch noch Auszubildende anleiten dürfe. Ihre Erfahrungen aus den bisherigen Stationen in Appenheim und Sponsheim, dem Betriebskindergarten der Kreisverwaltung und der Integrativen Kita in Büdesheim will Jennifer Wendel weitergeben, mit ihrem neuen, aus 14 Betreuerinnen und Betreuern sowie Auszubildenden, Aushilfen und FSJlern bestehenden Team die rund 80 Minimaxx-Kinder fördern und fordern. So wie jetzt etwa im Wald. Eine Werkbank steht draußen auf der großen Wiese vor dem Forsthaus. Hammer, Nägel und eine Säge gehören dazu. Und natürlich dürfen die Kinder hier auch unter Aufsicht ihr handwerkliches Geschick testen. Der Förderverein hat spontan zusätzliche Spielsachen gesponsort, etwa ein Wikingerschachspiel angeschafft. Auch eine Imkerin zeigte schon, wie das alles so funktioniert, mit den Bienen und dem Honig. Das Feedback im Umfeld sei unglaublich positiv, berichten Reichert und Wendel wie aus einem Mund. Einen Haken hat die Geschichte für die Leiterin doch: „Ich bin richtig neidisch, wenn ich auf die Gruppe schaue und selbst im Büro sitzen muss“, grinst sie. Ein längerer Besuch im Wald pro Woche ist für sie höchst willkommene Pflicht. Fest stehe, dass nach den Sommerferien wöchentlich ein Feld-, Wald- und Wiesentag für alle in der Kita stattfinde.